
von Manuela Kloibmüller
Es ist 8 Uhr morgens und das schöne alte Haus in der Schlossgasse wirkt noch ein wenig verschlafen direkt da unter der mächtigen Greinburg. Doch öffnet man die alte Holztür erreichen schon viele verschiedene Geräusche das Ohr des Eintretenden. Im Büro der LMS Grein wird bereits emsig organisiert, Auskünfte über Fächer am Telefon erteilt, Plakate entworfen, Urkunden vorbereitet und neue Stundenpläne für Lehrkräfte ausgedruckt. Doch es wäre keine Musikschule würden nicht Töne durch das Haus schweben. Ganz am Ende des Gangs direkt im Zimmer neben dem gläsernen Konzertsaal ist das Schlagwerk im vollen Einsatz. Mit Pauken und Marimba wird der Tag begrüßt, dass es eine Freude ist. Natürlich müssen auch Lehrerinnen und Lehrer am Instrument üben und das macht man meist gleich morgens und wenn möglich regelmäßig. Das Wischen des Kopierers ist leise zu vernehmen, der neue Kollege am Kontrabass kopiert Noten für die frisch gegründete Bigband. In diese erste kleine Sinfonie weben sich die Klänge von Astor Piazzolla, eine Konzertmatinee soll bald stattfinden und die Proben scheinen vielversprechend.
Ein wenig später am Vormittag kann man im romantischen Hof eine Karawane von Streichinstrumenten mit ihren typisch geformten Koffern beobachten. Alle streben Richtung Eingang und schon verschwinden sie im ersten Stock um eine Satzprobe für das Orchester Greinissimo zu absolvieren. Neue Noten gibt es obendrein um am nächsten Sonntag eine Messe zu gestalten. Die Herrschaften sind schon in Pension und daher trifft es sich besonders nett, den Vormittag mit Musik zu verbringen.
Im großen Saal der Landesmusikschule Grein beginnen die Proben für ein Theaterstück der Lebenshilfe Grein. Die Theatergruppe SoUndSo hat bald Premiere mit ihrem Krimi und so mancher Bühnenschrei des Entsetzens lässt allen im Haus das Blut in den Adern gefrieren. Doch das ändert sich schnell, als es Mittag wird. Wenn Kindergarten und Volksschule ihre Pforten schließen, beginnt in der Musikschule ein solcher Hochbetreib, ein Wuseln, viele Stimmen, Kinderlachen. „Alle in den Tanzraum“ lautet die Devise, es beginnt gleich die Musikwerkstatt. Und schon ist dieser gestürmt, eingenommen und für gut befunden. Eine wahre Rasselbande musiziert das Lied "Hallo, schön, dass du da bist!" und das freut auch alle anderen im Haus. "Komm und lerne Deine Musik!" lautet das Motto der Landesmusikschule Grein und daher ist es sehr schön, wenn viele da sind.
Ein kleiner Rundgang durch das Gebäude gefällig: Das Haus ist ein altes Bürgerhaus, mit reich verzierter Fassade und einem modernen Anbau - sehr schöne Architektur, die auch nach Jahren noch immer recht ansehnlich wirkt. Es besteht aus drei Etagen mit acht Unterrichtszimmern, einem Tanzraum, einem Ensembleraum, einem Konzertsaal für 100 Personen, einem Lehrerzimmer, Büro und der Direktion. Am Vormittag war Musikschuldirektorin Manuela Kloibmüller – das wäre also ich – unterwegs, hat die Zweigstellen in Bad Kreuzen, Pabneukirchen, St. Georgen am Walde und Waldhausen besucht und kommt gerade rechtzeitig zurück um den Instrumentenreigen begrüßen zu können.
Saxofon, Gesang, Akkordeon, Waldhorn, Kontrabass und Violoncello sind heute im Haus, morgen dann Klavier, Klarinette, Posaune und Tuba, Gitarre, Hackbrett und Trompete. Jeder Tag klingt anders und bringt überraschende Kompositionen. Da ein Stück von Wolfgang Amadeus Mozart, dort ein „Naglschuah-Boarischer“, gerade noch von Joe Zawinul „Mercy Mercy Mercy“ und jetzt ein Filmhit aus „Fluch der Karibik“. Es wird geübt, gejammt, gezählt, getextet, gesungen, gestimmt, getrommelt, getanzt, gelacht und geprovisiert – äh improvisiert natürlich. Der ganze Nachmittag steht im Zeichen der pädagogischen Arbeit mit Kids, mit Erwachsenen - im Einzelunterricht und im Ensemble.
Aber der Tag ist noch jung und wer dachte das war es jetzt, der irrt: Um 16 Uhr geht es los mit dem Tanzunterricht. Die tanzcompany der LMS Grein ist unglaublich aktiv. Die Balletteinlage beim großen Neujahrskonzert ist gerade mal Geschichte und schon gehts in die Vorbereitungen zur alljährlichen Tanzshow, diesmal unter dem Motto: "Colors & Emotions".
Vor dem Ensembleraum stapeln sich die Gitarrenkoffer. Es sieht fast aus als hätten sich Gangster und Ganoven im Keller der Musikschule versammelt. Und es herrscht eine große Aufregung, fast ein Tumult: Der Proberaum ist schon belegt: Die Schülerinnen und Schüler der Musiktheorie sind noch immer zugange, es ist ein Kreuz mit dem Kreuz - heute auch Hashtag genannt. H-Dur, f-moll, Septakkord und Kadenz, piano und forte oder doch Adagio und Vivace, wer soll sich denn das alles merken? Jedenfalls müssen alle raus aus dem Raum, das Gitarrenorchester greinGITAR muss proben für ein Konzert im Stadttheater Grein. Zum Glück ist die Lehrerin für Musiktheorie auch die Lehrerin für Gitarre und nach einem Geschiebe und Geruckel ist alles an seinem Platz.
Endlich, es ist 17.30 Uhr, der Konzertsaal erstrahlt im Glanz der Scheinwerfer und die Bühne ist bereitet: Vorerst wird noch der Auftritt geprobt. Was gehört zu einem guten Auftritt? Das fragen sich heute die Schülerinnen und Schüler, die sich auf den Wettbewerb Prima la Musica vorbereiten. Ein Musikstück gut spielen können ist erst die halbe Miete: Musikerinnen und Musiker erzählen Geschichten und davon gibt es so viele aus allen Epochen und in allen Stilen. Das steht aber nicht in den Noten, sondern jeder muss seinen Weg finden, das Publikum zum Zuhören zu bringen. Natürlich sind viele Eltern, Omas, Opas, Tanten, Onkeln und Freunde zu Gast, die sind nicht immer so streng wie das Publikum im Brucknerhaus. Wenn jemand ein wenig „outside“ spielt, klatschen sie trotzdem energisch Beifall.
Im Foyer warten alle gespannt auf den Einlass um 19 Uhr. Bei Stehtischen kann man sich noch schnell erfrischen und dann gehts los. Ob alles gut gelingt? Am Programmzettel steht, dass neun junge Menschen auftreten werden und wie es manchmal so kommt, ist leider jemand krank und ein anderer springt ein. Das Konzert beginnt und das Herz geht auf oder über oder beides. Zum Ende des Auftritts bedanken man sich beim Publikum fürs Zuhören mit einer Verbeugung, ein schöner Moment des gegenseitigen Respekts.
Den Schülerinnen und Schülern der Musiktheorie raucht derweilen immer noch der Kopf von den vielen Zeichen und Noten und während beim Heimgehen im Quintenzirkel nochmals "Geh Du Alter Esel Hole Frische Citronen..." wiederholt wird, fiebert man schon der Prüfung entgegen. Das Abzeichen Junior/Bronze/Silber/Gold ist eine Challenge bei der alle mitmachen, manchmal müssen aber meistens wollen. Wie im Sport gibt’s Urkunden und den Aufstieg in die nächste Liga. Der Einsatz: ein Konzert vor einer ausgewählten Jury mit verschiedenen Musikstücken, die streng bewertet werden. Meistens bekommen aber alle eine sehr gute oder ausgezeichnete Note, weil natürlich: Der Weg ist das Ziel.
Die letzten Konzertbesucher haben das Haus um 20:30 Uhr verlassen und ein paar Wackere in den Unterrichtsräumen entlocken ihrem Instrument noch Klänge bis zum späten Abend. Im obersten Stock werden noch neue Blätter für die Klarinette probiert und die Ventile einer Trompete geölt, damit es in der Musikschule läuft wie geschmiert. Bevor das letzte Licht ausgeht: eine kleine Story über das Konzert auf Social Media posten und nachsehen was am nächsten Morgen bevorsteht. Der neue Tag wird mit einem Workshop zum Thema „Eutonie“ – was so viel heißt wie „Spannungszustand von Muskeln“ beginnen. Der Körper spielt eine große Rolle beim Musik machen, daher findet man auch manchmal sich Verrenkende und Bewegenden im Haus. Geplant ist auch noch eine Konferenz, Organisatorisches für „Wirtshausroas“, „Schulfest“ und das Galakonzert GreinBRASS & OÖ Jugendbrassband auf Schloss Greinburg stehen an. Eine musikalische Vernissage sollte dringend besprochen werden und und und… aber das sind neue Geschichten.
Zum Schluss noch: Manchmal muss sich einer, manchmal auch alle ärgern, weil das Digitale fuchst, meist steppt der Bär aber analog: Das Großartigste in der Landesmusikschule Grein ist, dass hier Menschen zusammenkommen, die gemeinsam etwas erschaffen wollen. Musik und Tanz bedeuten aufeinander hören, achten und einander respektieren. Also komm und lerne Deine Musik, denn ein gescheiter Mensch hat einmal gesagt: „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“.